ALWEG-HITACHI
GESCHICHTE




Die japanische Firma Hitachi wurde im Jahre 1910 gegründet und gilt seit jeher als
eines der weltweit führenden Unternehmen, bekannt für die Entwicklung innovativer Technik in verschiedensten Industriezweigen. Seit dem Jahre 1926, als die JapanischeStaatsbahn mit ihrem Elektrifizierungsprogramm begann, ist das Unternehmen auch der führende Hersteller von Lokomotiven, Waggons und anderer Eisenbahntechnik in Japan.

 

Im Jahre 1960 gründete die Firma Hitachi, stets auf der Suche nach neuesten Technologie-Entwicklungen und damals auch schon mit Einschienenbahn-Forschung beschäftigt, in Zusammenarbeit mit der ALWEG GmbH (in Form von Patentlizenzkäufen) ihre HITACHI-ALWEG Abteilung.

 

In ihren sehr gut gestalteten Informationsbroschüren stellte HITACHI-ALWEG ihr Einschienenbahn-System vor und beschrieb darin die Entwicklungsgeschichte der ursprünglichen ALWEG-Einschienenbahn und illustrierte diese mit Fotos vom Fühlinger ALWEG-Versuchsgelände. In späteren Veröffentlichungen werden auch Fotos der ALWEG-Bahn in Seattle gezeigt.

 

Alle Illustrationen und technischen Angaben sind HITACHI-Broschüren aus den 1960er Jahren entnommen und werden hier mit freundlicher Genehmigung der Firma HITACHI, Japan, verwendet.

 

All illustrations and technical data are taken from HITACHI brochures from the 1960s and are used here by kind permission of the HITACHI Corporation, Japan.
 

Hitachis erste Einschienenbahn wurde im März 1962 in Betrieb genommen und ist bekannt als die Inuyama Rhine Park Einschienenbahn. (War das Zufall oder nicht, -  denn schließlich gibt es in Köln, ALWEGs Heimatstadt, die bekanntlich am Rhein liegt und von japanischen Touristen hochgeschätzt wird, auch einen Rheinpark.)

 

In den Jahren 1963 und 1964 wurde für den Yomiuri-land Recreation Park eine Einschienenbahn-Strecke gebaut. Sie durchquert eine idyllische Landschaft und bietet spektakuläre Ausblicke auf die Stadt Tokio und bedient Skigebiete und Golfanlagen in diesem Park. Von besonderem Interesse sind zwei kühne Einschienenbahn-Stahlbrücken und einige Streckenabschnitte mit erheblichen Steigungen.

 

Als Tokio für 1964 zum Austragungsort der 18. Olympischen Sommerspiele gewählt  wurde, beschloss man, die Innenstadt Tokios und den Internationalen Flughafen Tokio in Haneda mit einer 13,1km langen HITACH-ALWEG Strecke zu verbinden. Nach nur 16-monatiger Bauzeit wurde diese Strecke – die Haneda Monorail Line – am 17. September 1964 eröffnet und ist bis heute erfolgreich in Betrieb.

 

Die Haneda-Strecke wurde ein Musterbeispiel für ALWEG-Technologie und  weist fast jede erdenkliche Betriebssituation auf, für die einst die ALWEG-Pioniere in Köln schon vorausgeplant hatten: das fünfstöckige Bahnhofsgebäude in der Innenstadt, das Teil des Hamamatsu-cho Bahnhofs der Japanischen Staatsbahn ist, und auf dessen fünfter Stockwerkebene sich der Bahnhof der Einschienenbahn befindet; ein unterirdischer, zweistöckiger Bahnhof am Flughafen Haneda; ein langer Streckenabschnitt , der über Wasser führt, samt einem über Wasser stehenden Bahnhof; zwei Tunnels (einer führt unter dem Ebitori Fluß hindurch); Brücken; Beton- und Stahlfahrbalken; Weichen; Fahrzeughallen und Bahnbetriebswerk; Stromversorgungsanlagen; automatisches Blocksignalsystem; sogar zwei Einschienenbahn Inspektions- und Wartungslokomotiven, die von Verbrennungsmotoren angetrieben werden.

 

In einer der HITACHI-ALWEG Broschüren über die Haneda-Strecke aus dem Jahre 1964 ist ein Foto abgebildet, auf dem zu sehen ist, wie ein Einschienenbahn-Zug über eine Brücke fährt, die die Gleise der Japanischen Staatsbahn überquert. Auf einem der Staatsbahngleise ist einer der damals noch sehr neuen und revolutionären Hitachi Hochgeschwindigkeitszüge der Tokaido-Strecke unterwegs. Für die Einschienenbahn ist dies ein sehr bedeutungsvolles Foto, denn es illustriert sehr deutlich, dass die genial gebaute Haneda-Strecke, eine jener Ausnahmestrecken ist, für die eine Einschienenbahn die praktischste Lösung darstellt. Interessant ist dieses Foto auch, weil es zeigt, dass eine so große Gesellschaft wie Hitachi es sich erlauben kann, beides zu bauen: Tokaido Superzüge und HITACH-ALWEG Einschienenbahnen.

 

Das war im Jahr 1964. Die ALWEG GmbH stand bereits kurz vor ihrem Ende. ALWEG-Köln gehörte zu Krupp und die amerikanische Tochterfirma Wegematic befand sich bereits in den Händen der Nachlaßverwalter des Dr. Wenner-Gren. Regelmäßige Gehaltszahlungen hatte es für die ALWEG-Männer in Seattle zuletzt im Jahre 1963 gegeben.

 

Aber ALWEG hatte nichtsdestotrotz mit ihrer Bahn für die Weltausstellung im Jahre 1962 in Seattle Einschienen-Maßstäbe gesetzt. Die berühmte Haneda-Strecke war noch gemäß diesen Maßstäben gebaut worden. Aber im Jahre 1970 modernisierte man beim Bau der Einschienenbahn für die Weltausstellung in Osaka diese Standards. Diese 4,3km lange Strecke wurde im Zeitraum vom 3. Dezember 1968 bis zum 11. März 1970 auf dem riesigen Ausstellungsgelände gebaut (Quelle: technische Broschüre „Expo Monorail“). Die Weltausstellung wurde am 15. März 1970 eröffnet und ist bis heute mit 64 Millionen Besuchern die erfolgreichste Weltausstellung gewesen und die in 1:1 Größe gebaute „Expo Monorail“ bewies wieder einmal die Vorzüge des Einschienenbahn-Konzeptes.

 

Im Jahre 1967 hatte das japanische Verkehrsministerium Empfehlungen für Standards angenommen, die von der Japanischen Einschienenbahn-Vereinigung erarbeitet worden waren. Seither sind die Antriebseinheiten, die klassischen Einschienenbahn-Antriebsgestelle, komplett unter den Böden der Wagenkästen angeordnet und ragen nun nicht mehr in den Fahrgastraum hinein, womit der ebenfalls klassische Alweg-Radkasten entfällt. Seither sehen die Hitachi-Einschienbahnfahrzeuge höher und kantiger aus als die bekannten Alweg-Fahrzeuge. Die jetzt durchgehend flachen Fahrgastraumbödenl assen nun eine größere Fahrgastzahl pro Zugeinheit zu.

 

Die für die Weltausstellung von 1970 in Osaka gebauten Expo-Züge (sechs Züge mit je vier permanent gekuppelten Wagen) waren bereits gemäß diesem neuen Standard gebaut worden. Als die Züge auf die Strecke gesetzt wurden, wurden zuerst die Antriebseinheiten auf den Fahrbalken platziert und dann wurden die Wagenkästen auf diese Einheiten montiert. Die Beweglichkeit dieser Antriebseinheiten soll auch die Laufruhe der Züge gegenüber denen der ursprünglichen Alweg-Fahrzeuge mit ihren fest installierten Antriebseinheiten verbessert haben.

 

Was die Osaka Expo-Züge besonders markant machte, waren deren große Fensterflächen, vor allem auch die der Windschutzscheiben der Steuerwagen. Die Strecke war mit einem automatischen Blocksignalsystem ausgerüstet (wie es auch auf der Haneda-Strecke verwendet wird) und verfügte über sieben Bahnhöfe, Weichen, einer Fahrzeug- und Werkstatthalle und einer Zugwaschanlage.

 

 

Eine Persönliche Anmerkung


In Seattle hatte die Firma Hitachi dem Alweg-Ingenieur Rolf Krischer eine
Stellung in Japan angeboten. Es war für ihn keine leichte Entscheidung. Er war bereits 52 Jahre alt und der Entschluss, mit seiner Familie nach Amerika auszuwandern und alle Hoffnung auf die erfolgreiche Zukunft Alwegs  zu setzen, war für ihn schon Risiko genug gewesen. Also entschloss er sich, bei Alweg in Seattle zu bleiben. Hätte er vorausahnen können, was schon bald aus der Hoffnung Alweg werden sollte, hätte er sich vielleicht anders entschieden ...




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