ALWEG ARCHIVES-Gedanken
zum Einsturz des Historischen Archivs
der Stadt Köln
am 3. März 2009

 


Im Rahmen meiner kontinuierlichen Dokumentationsarbeit über die aus Köln stammende Alweg-Bahn benutzte ich auch das Historische Archiv der Stadt Köln und wollte dies demnächst wieder tun. Tragischerweise wird das nun auf absehbare Zeit nicht mehr möglich sein.

Im Rahmen dieser Dokumentationsarbeit beobachte ich auch schon seit langem die Entwicklung der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB), dabei besonders deren U-Bahn-Projekte. Dies führte auch zu einigen Anmerkungen auf dieser Webseite, - z.B. über Wolf Vostells Betonskulptur „Ruhender Verkehr“ (siehe
„Alweg Opposition“ ). Jeweils zum 1. April gibt es auf dieser Webseite eine satirisch gemeinte Alweg-Geschichte. Vergangenes Jahr handelte diese vom aktuellen Kölner U-Bahnbau (siehe „Alweg Konzepte Heute“ ). Schon 1981 hatte sich der Autor mit einem Leserbrief an den Kölner Stadt-Anzeiger zu Wort gemeldet.

Das Alweg-Konzept wurde in den 1950er und 1960er Jahren in Köln-Fühlingen entwickelt. Die Stadt Köln verpasste leider die Chance, diesem Konzept ihre Unterstützung zu geben.
Manche Journalisten nennen heutzutage die Alweg-Bahn den Transrapid der Fünfziger Jahre. Dieser Vergleich führt leider in die Irre, da es eines der Hauptmerkmale des Alweg-Konzepts war (und ist), wesentlich kostengünstiger, platzsparender und sicherer zu sein als herkömmliche Zweischienensysteme. Außerdem kann eine Alweg-Bahn oberirdisch wesentlich schneller gebaut werden, ohne die Behinderungen, die der Bau von Zweischienensystem verursacht.
 
Zwar ist das Alweg-Konzept für bestehende enge Straßenverhältnisse ungeeignet, doch selbst in Köln bestanden immer Möglichkeiten, einer Alweg-Referenzstrecke eine Chance zu geben, - z.B. Verbindung zum Flughafen oder eine der S-Bahn-Strecken, die zum Teil erst in den letzten Jahren erstellt wurden oder bis heute noch nicht gebaut worden sind.

Schon in den 1950er Jahren warnten die Alweg-Ingenieure vor dem bevorstehenden „Verkehrsinfarkt“.

Die KVB wehrte sich stets vehement gegen das Alweg-Konzept, weil es mit der Zweischienen-Straßenbahn nicht kompatibel ist. (Umsteigesituationen gibt es aber für Fahrgäste nach wie vor, - z.B. Umsteigen auf Bus oder S-Bahn, um sein Ziel zu erreichen.)

Die Haltung der KVB war verständlich.

Doch es schien fast so, als ob es hauptsächlich darum gegangen sei, den Bau von Alweg-Bahn-Strecken zu verhindern, - denn dringend benötigte Zweischienstrecken wurden stattdessen nicht gebaut.

Die Stadt Köln entschied sich zwecks verbesserter Verkehrsflüsse dann ab Mitte der 1960er Jahre für den Bau von „Unterpflaster-Straßenbahn-Strecken“, wobei die KVB streckenweise zu einer Art U-Bahn wurde. Hauptnachteil dieses „Kölner Mischsystems“ ist, dass im Gegensatz zu einer echten U-Bahn diese Art von Bahn nach wie vor durch Verkehrssituationen im oberirdischen Netz beeinflusst wird. Bleibt eine Straßenbahn, die auch die U-Bahn-Strecken benutzt in oberirdischen Staus oder Unfällen stecken, nützt der vermeintliche U-Bahn-Vorteil wenig.

Abgesehen davon wäre es interessant, die enormen Kosten und Unannehmlichkeiten, die U-Bahn-Bau verursacht, einmal mit den tatsächlichen Vorteilen, die eine solche „Ver-U-Bahnung“ bringen soll, zu vergleichen. Das wird besonders schwierig, wenn man z.B. die Kosten berechnen will, die verursacht werden, wenn die jahrelangen Bauphasen zum Niedergang ganzer Abschnitte von Geschäftsstrassen führen.  Die Kölner Ringe, einst Renommiermeile der Stadt, zwischen Barbarossaplatz und Ebertplatz haben sich davon nie erholt. Eine spürbare Verkehrsberuhigung durch die Tieferlegung der Straßenbahn fand nicht statt. Ganz zu schweigen von den menschlichen Schicksalen jener Geschäftsleute, die diese Bauphasen zum Aufgeben zwangen, weil die jahrelangen Bauarbeiten die Kundschaft vertrieben. Dies wiederholt sich bis heute z.B. entlang der Severinsstrasse.

Hat der U-Bahn-Bau in Köln (und anderswo) wirklich zu einer Verbesserung von Verkehrssituationen geführt ? War der Bau der KVB-Hochbahn entlang eines Teils des Gürtels nötig?

Es sieht eher so aus, als ob der U-Bahn-Bau Hand in Hand gehe mit der Unfähigkeit, Autoverkehr aus der Stadt zu verbannen. Die U-Bahn fördert den Autoverkehr, indem der Platz der verschwundenen Straßenbahngleise vom Autoverkehr übernommen wird.

Das ist alles noch Teil des Automobilisierungswahns, den Wolf Vostell einst mit seinem einbetonierten Opel „Kapitän“ unter großen Protesten kommentierte.

Und die nun tragische Nord-Süd-Stadtbahn, - war sie nötig?

Wäre nicht eine Rheinufer-Bahnstrecke (wie sie zum Teil einst ohnehin bestand) nicht die vernünftigere Lösung gewesen? Rodenkirchen bis Mühlheimer Brücke, Anbindungen an die Ringstrecke am Ubierring und Theodor-Heuss-Ring. Man hätte auch eine Verbindung zwischen dem Rheinufer an der Hohenzollernbrücke (wo einst die Rheinuferbahn-Haltestelle war) und dem Hauptbahnhof schaffen können, etc., etc. Nebenbei hätte man noch die einst angedachte Museumsmeile am Rhein schaffen können. Diese Straßenbahnstrecke am Rhein hätte nebenbei sogar eine touristische Attraktion werden können.

Was wäre der Stadt und vieler ihrer Menschen erspart geblieben?
Wie viel besser sähe die Stadt dann heute schon aus?
Man hätte keinen teuren „Masterplan“ gebraucht, um nach vielen, vielen Jahren an offizieller Stelle zu begreifen, dass das Loch am Ebertplatz nie hätte entstehen dürfen, etc., etc.

Braucht man wirklich eine globale Wirtschaftskrise, eine Krise der Automobilindustrie, den Einsturz des Historischen Archivs bis man begreift, dass „weniger mehr“ ist, dass nicht das Automobil und der U-Bahnbeton wichtiger sind als der Mensch? Bis man begreift, dass Stadtplanung nicht der Bau- und Immobilienwirtschaft sondern den Menschen dienen sollte?


©
Reinhard Krischer
Autor und Webmaster der Webseite
The Alweg Archives

 
Köln, 6. März 2009
 





Die folgenden Seiten dieser Webseite (wie bereits oben schon zu Beginn erwähnt) befaßten sich bereits in der Vergangenheit mit Themen, die auch mit dem Kölner U-Bahn-Bau zu tun haben und nun zum Teil leider eine gewisse traurige Aktualität haben.

Gedanken zur Jahreswende 2006/2007
Link

Alweg Opposition
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Alweg Museum
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Alweg Konzepte Heute
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Alweg Desinformation
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Der Ort der Katastrophe wurde überdacht, um die Bergungsarbeiten vor Wettereinflüssen zu schützen. (Aufnahme vom 21. Mai 2009) Foto BG - Copyright Reinhard Krischer.



Artikel aus dem Kölner Stadt-Anzeiger zum Thema Archiveinsturz



19. April 2013
"Neuer Streit um den Schacht"
von Detlef Schmalenberg
http://www.ksta.de/koeln/einsturzstelle-neuer-streit-um-den-schacht,15187530,22535636.html



Am 19. Juni 2011 bei Regen aus dem fahrenden Auto aufgenommen: Zug der Kölner Verkehrsbetriebe ( KVB ) mit der Aufschrift "Köln Archive ... geben Antworten". - On June 19, 2011, this photo was taken from a moving car in rainy weather and shows a streetcar of the Cologne Transit Authority ( KVB ) with the special lettering: "Cologne archives ... give answers." - Photo + Copyright Reinhard Krischer



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